, Baumgartner Christoph

Der erste Radprofi: James Moore und die Anfänge des Radsports

Der Brite James Moore gilt als der erste professionelle Radrennfahrer der Geschichte. Er wurde 1849 in Bury St Edmunds, England geboren und zog später nach Frankreich, wo er seine Karriere im Radsport begann. Sein Name ist untrennbar mit dem ersten offiziell dokumentierten Radrennen verbunden, das am 31. Mai 1868 im Pariser Park Saint-Cloud stattfand – tatsächlich fand das erste Rennen vorher gleichentags am gleichen Ort statt, aber hatte wohl weniger Zuschauer*innen.

Moore, ein Pionier des Radsports, gewann dieses historische Rennen über eine Distanz von 1'200 Metern. Er fuhr auf einem hölzernen Laufrad, das von den französischen Brüdern Olivier und Pierre Michaux entwickelt wurde. Diese frühen Fahrräder, auch "Michauline" genannt, hatten noch keine Pedale und wurden durch Abstossen mit den Füssen vom Boden angetrieben. Erst später wurden Pedale direkt an das Vorderrad montiert, was die Effizienz und Geschwindigkeit der Fahrräder erheblich steigerte.

Moores Karriere war geprägt von zahlreichen Erfolgen. 1869 gewann er das erste Strassenrennen der Geschichte, das von Paris nach Rouen führte. Die Strecke betrug etwa 123 Kilometer, und Moore benötigte dafür 10 Stunden und 25 Minuten. Diese Leistung war bemerkenswert, wenn man die damaligen Strassenverhältnisse und die technischen Beschränkungen der Fahrräder bedenkt. Er gewann im Laufe seiner Profikarriere so viele Rennen, dass er sich für seinen Ruhestand ein Gestüt kaufen konnte.

Die Rennräder jener Zeit waren weit entfernt von den modernen High-Tech-Maschinen, die wir heute kennen. Sie bestanden hauptsächlich aus Holz und Metall, hatten kein Problem mit dem UCI Gewichtslimit von 6.8 kg (sie wogen bis zu 40 kg) und waren sehr unhandlich. Die Reifen waren aus Vollgummi, was die Fahrt auf unebenen Strassen sehr unbequem machte – zumindest gab es damals keinen Platten. Sie waren gemäss heutiger Terminologie Single Speeds und verfügten bereits über eine Bremse. Doch eins hatten sie leider mit den heutigen Topmodellen gemeinsam: nur wenige konnten sie sich leisten.

Die Einführung des Hochrads in den 1870er Jahren, mit seinem grossen Vorderrad und dem kleinen Hinterrad, brachte eine signifikante Verbesserung in Bezug auf Geschwindigkeit und Effizienz, obwohl es noch schwieriger zu fahren war.

Zu dieser Zeit galten velofahrende Frauen als frivol. Um mehr Zuschauer an die Velorennen zu locken, engagierten die Veranstalter der Rennen, meistens Sportmagazine, jeweils ein paar beherzte Tänzerinnen und/oder Akrobatinnen, welche mitfuhren. Bemerkenswerterweise gab es schon damals mutige Frauen aus allen Gesellschaftsschichten, welche auf die gesellschaftlichen Normen pfiffen und trotz der dafür gänzlich ungeeigneten Kleidung (Röcke mit Unterröcken) den meisten Männern davonfuhren. Doch dazu mehr in einem zukünftigen Beitrag.

James Moore bleibt eine zentrale Figur in der Geschichte des Radsports. Seine Erfolge legten den Grundstein für die Entwicklung des Radrennsports und inspirierten viele nachfolgende Generationen von Radfahrern. Die Evolution der Rennräder, von den einfachen Holzrahmen bis hin zu den heutigen aerodynamischen Carbonmaschinen, zeigt, wie weit unser Sport seit Moores Zeiten gekommen ist.